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Sepsis – ein oft vermeidbares Todesrisiko

Aus dem Leben gerissen“ heißt die groß angelegte Sepsis-Informationsoffensive in Berlin und Brandenburg. Initiator ist das vom Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss geförderte „SepWiss“ Projekt. Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Neue Zahlen zeigen, dass wir in Deutschland pro Jahr von mindestens 340 000 im Krankenhaus behandelten Sepsisfällen und ca. 100 000 dort an Sepsis verstorbenen Menschen ausgehen müssen.

Die Mehrzahl dieser Todesfälle ist laut WHO vermeidbar: durch bessere Infektionsvorbeugung, Kenntnis der Frühsymptome und die Behandlung als Notfall. Eine Sepsis kann jeden treffen, besonders gefährdet sind jedoch ältere Menschen und solche mit chronischen Erkrankungen. Im SepWiss-Projekt haben die Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Medizinische Hochschule Brandenburg, das Universitätsklinikum Jena, das Robert Koch-Institut, das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und die Sepsis-Stiftung gemeinsam innovative und evidenzbasierte Informationsmaterialien entwickelt und vorgetestet, wie etwa die weltweit einmalige interaktive Sepsis Checkliste: https://www.sepsis.science/checklist

„Eine Sepsis ist ein Notfall, der schnell ärztlich behandelt werden muss. Es ist daher besonders wichtig, die Bevölkerung über die Krankheitszeichen aufzuklären. Die einfach über das Handy abrufbare Checkliste ermöglicht nicht nur, das persönliche Sepsisrisiko einzuschätzen, sondern sie hilft auch bei der Entscheidung, wann eine sofortige ärztliche Abklärung oder der Ruf des Rettungsdienstes nötig sind. Diese leicht zugängliche Aufklärungskampagne kann dazu beitragen, Leben zu retten“, erläutert der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, der die Kampagne unterstützt.

Auch die Berliner Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Ulrike Gote unterstreicht die Wichtigkeit der Kampagne: „Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger weiß nicht, dass Sepsis oder Blutvergiftung nicht nur durch infizierte Wunden entsteht. Sepsis kann durch alltägliche Infektionen, wie zum Beispiel eine Lungenentzündung oder Grippe entstehen, gegen die man sich gut mit einer Impfung schützen kann. Da viele Menschen aber nicht wissen, wer besonders anfällig für Infektionen ist, die letztlich zu einer Sepsis führen können, begrüße ich diese Kampagne sehr“.

„Nach England sind wir in Berlin und Brandenburg die zweite Region, die sich zur Stärkung der Gesundheitskompetenz zum Thema Sepsis mit einer breiten Aufklärungskampagne an die Öffentlichkeit wendet“ erklärt Prof. Dr. Konrad Reinhart, SepWiss Projektleiter und Vorstandvorsitzender der Sepsis-Stiftung. „Dies ist deshalb so wichtig, weil circa 80% der Sepsisfälle außerhalb des Krankenhauses entstehen und die meisten Menschen in Deutschland nicht wissen, dass man sich z.B. durch Impfungen gegen Influenza, Pneumokokken oder COVID-19 auch gegen eine Sepsis schützen kann.“, so Reinhart.

Die Plakatkampagne wird über das Jahr verteilt an verschiedenen Standorten und zu strategisch relevanten Zeitpunkten auf das Thema Sepsis aufmerksam machen, etwa dem World Sepsis Day am 13. September. Die Kampagne wird von der Wall GmbH unterstützt, einem der deutschlandweit führenden Außenwerber. Neben den City Light Postern, die man u.a. von Bus- oder U-Bahn-Haltestellen kennt, werden ebenso digitale, animierte Motive mit „Aus dem Leben gerissen“ – Ausreißeffekt, u. a. im Berliner U-Bahnhof Friedrichstraße zu sehen sein.

Seit dem Start des Projekts im August 2020 bietet SepWiss umfangreiche Fortbildungen für Gesundheitsberufe, pflegende Angehörige und Gesundheitsdienstleister an. Erfreulicherweise haben sich zahlreiche Kliniken, Selbsthilfegruppen, Krankenversicherer sowie die Ärzte- und Apothekenkammern in Berlin und Brandenburg bereit erklärt, das Projekt als Multiplikatoren zu unterstützen. So wird es ab Februar eine Serie von Live-Webinaren für Pflegefachpersonen in ambulanten Diensten und Heimen in Berlin und Brandenburg geben.

Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Sie entsteht, wenn die körpereigenen Abwehrkräfte die Ausbreitung einer lokalen Infektion nicht mehr verhindern können und die Erreger in den Blutkreislauf eindringen. Der Körper reagiert mit einer Aktivierung der Abwehrsysteme, insbesondere des Immun- und Gerinnungssystems. Dadurch werden jedoch auch körpereigene Organe wie Lunge, Herz und Niere geschädigt. Es kommt zum Multiorganversagen und zum septischen Schock. Unbehandelt verläuft eine Sepsis immer tödlich.

Alle Informationen zu SepWiss sowie Materialien und Veranstaltungen sind auf der Website erhältlich bzw. buchbar: www.sepsiswissen.de. Die gemeinnützige Sepsis-Stiftung wurde 2012 gegründet und setzt sich für die Verbesserung der Überlebenschancen von Menschen mit Sepsis ein. Dafür unterstützt sie die wissenschaftliche Forschung, informiert die Bevölkerung und das medizinische Personal und engagiert sich für die Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung von Prävention, Früherkennung und Behandlung der Sepsis.