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Deutschland – Land der Ungeimpften?

Während Österreichs Kanzler Kurt die Corona-Pandemie für Geimpfte schlichtweg für beendet erklärt, bemühen sich Politik und Gesundheitsexperten in Deutschland noch krampfhaft darum, die Impfquote zu steigern. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief erneut zum Impfen auf: „Bei Inzidenz und auf Intensivstationen sehen wir: Wir erleben eine anwachsende Pandemie der Ungeimpften. Alle, die können, sollten sich ihren Schutz holen!“ Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) lag der Inzidenzwert bei 83,8, vor einer Woche bei 74,8. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 6726 Corona-Neuinfektionen.

Unterdessen untersucht die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) untersucht den Nutzen einer Auffrischimpfung mit dem Corona-Impfstoff von Pfizer/Biontech für vollständig geimpfte Menschen ab 16 Jahren. Ergebnisse der Untersuchung, für die Daten des Impfstoffherstellers und laufende klinische Studien ausgewertet werden, sollen in wenigen Wochen vorliegen, teilte die EMA mit. In einer zweiten Untersuchung will die EMA zudem prüfen, inwiefern Menschen mit schweren Immunproblemen eine dritte Impfdosis von Pfizer/Biontech oder Moderna hilft. Diese Menschen erzielen durch die ersten beiden Impfdosen möglicherweise keinen ausreichenden Impfschutz.

Anders als viele Experten und die in einigen Ländern, wie beispielsweise Israel, gefallene Entscheidung, sieht die EMA im Moment keinen drängenden Grund für eine Auffrischimpfung für die gesamte Bevölkerung. Die nun laufenden Untersuchungen sollten eine weiterführende Einschätzung untermauern, hieß es. Wie die EMA betonte, könnten nationale Gesundheitsbehörden sich bereits vorher für eine Auffrischimpfung entscheiden.

Der Infektiologe und Corona-Experte Clemens Wendtner rechnet damit, dass die Pandemie die Intensivstationen bis weit in das nächste Jahr hinein belasten wird. „Aus ärztlicher und wissenschaftlicher Sicht muss man ganz klar erkennen, dass wir weit davon entfernt sind, den Sieg über Corona verkünden zu können. Die Pandemie mit einer deutlichen Belastung der Krankenhäuser wird sich meiner Einschätzung nach über die erste Hälfte des Jahres 2022 erstrecken“, so Wendtner in einem Interview der Augsburger Allgemeinen, das auch die Nachrichtenagentur dpa verbreitete. Hauptproblem sei die derzeit kaum steigende Impfquote, sagte der Chefarzt der München Klinik Schwabing. „Wenn sich hier nichts signifikant in den nächsten Wochen ändert, müssen wir davon ausgehen, dass die vierte Welle jetzt im Herbst noch massiv ansteigen wird und wir wieder viele Covid-Patientinnen und Covid-Patienten in den Kliniken und nicht zuletzt auf den Intensivstationen versorgen müssen.“