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Kassen kritisieren Botendienste der Apotheken als „teures Geschenk“

Die Ersatzkassen empfinden das Botendienst-Honorar als „recht teures Geschenk“ an die Apotheken. Laut einer Erhebung ihres Verbandes vdek haben die Apotheken seit Einführung durchschnittlich etwa 2000 Euro für den Botendienst von den Ersatzkassen erhalten, der Spitzenreiter sogar mehr als 70.000 Euro. Der Anteil der per Botendienst ausgelieferten Arzneimittel an allen zu Lasten der Kassen abgegeben Arzneimittel liegt demnach bei 3,9 Prozent. Während Berlin mit 2,1 Prozent am unteren Ende der Botendienst-Skala liegt, sticht das Saarland sticht mit einem Wert von 6,3 Prozent auf der anderen Seite heraus. Das berichtet der Branchendienst „Apotheke adhoc“.

Im April vergangenen Jahres wurde ein Botendiensthonorar eingeführt: 5 Euro durften die Apotheken abrechnen, wenn verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten der Kassen ausgefahren wurden. Die Regierung wollte, dass während der Corona-Pandemie möglichst unnötige Kontakte vermieden werden. Im Oktober wurde der Betrag dann auf 2,50 Euro halbiert, dafür dauerhaft fortgeschrieben.

Die Autorinnen im vdek-Magazin hatten zwar eingeräumt, dass die Maßnahme „aus Infektionsschutzgründen als nachvollziehbar erscheint“, nun müsse aber die Frage erlaubt, „ob dieser dauerhafte Service von der Versichertengemeinschaft zu finanzieren ist“. Den stellvertretenden Vorsitzenden des Saarländischen Apothekerverbands, Behrens, befremdet diese Sichtweise: „Es ist immer noch Corona, wie man an den aktuellen Zahlen sehen kann. Wo der Weg hingeht, ist eindeutig, die nächste Welle rollt.“ Unabhängig davon habe sich die Politik mit dem Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) für die Vergütung des Botendienstes entschieden und er sehe nicht, dass die Kassen daran etwas ändern könnten.

Der vdek hatte hatte noch moniert, dass die Vor-Ort-Apotheken mit dem Honorar gegenüber dem Versandhandel bevorzugt würden. Damit würden „die oft von der Apothekerschaft eingeforderten ‚gleich langen Spieße‘ zwischen Offizin- und Versandapotheke gerade nicht hergestellt“. Im Gegenteil: „Arzneimittel kosten die GKV bei den Vor-Ort-Apotheken mehr als bei konkurrierenden Versandapotheken.“

Behrens findet den Vergleich schief, hat aber nichts gegen fairen Wettbewerb: „Sollen die Versender doch innerhalb von zwölf Stunden liefern, dann könnten sie das vielleicht auch vergütet bekommen.“

Laut Abda bieten fast alle Apotheken (97,6 Prozent) insbesondere immobilen Patienten Botendienste an, um ihnen Wege zu ersparen. Diese Leistung wird demnach rund 300.000 mal täglich vom Apothekenpersonal erbracht. Während der Corona-Hochphase erhöhte sich diese Zahl sogar auf über 450.000. Laut einer Umfrage fahren 41,7 Prozent aller Apotheken mehrfach täglich Medikamente aus, 50 Prozent einmal täglich. 7,8 Prozent schicken den Boten nur zwei- bis dreimal pro Woche.

Vor allem Chroniker (67,7 Prozent) und mobilitätsbeschränkte Personen (60,2 Prozent) nutzen den Service. Aber auch in Akutfällen wird demnach die Lieferung angeboten (54,2 Prozent) oder bei Menschen, die aus anderen Gründen häuslich gebunden sind (49,8 Prozent).

Und auch bei der Vergütung zeigt die Abda-Statistik keine Auffälligkeiten: Nach Zahlen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (Dapi), das zur Abda gehört, wurden im April 2020 noch 410.000 Botendienste abgerechnet, danach waren es durchweg zwischen 2,2 bis 2,5 Millionen Touren pro Monat. Im Dezember lag der Höchstwert demnach bei knapp 2,7 Millionen abgerechneten Botendiensten.