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Forsa-Umfrage: 70 Prozent fordern Reform des Gesundheitswesens

Zwischen Pandemie und Bundestagswahl sehen 70 Prozent der Menschen in Deutschland stellenweise Reformbedarf im Gesundheitswesen. Weitere 10 Prozent möchten sogar umfassende Reformen, während 20 Prozent keinerlei Änderungsbedarf sehen. Insgesamt ist die Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem jedoch hoch: 46 Prozent sind vollkommen oder sehr zufrieden, 44 Prozent zufrieden und 10 Prozent weniger zufrieden oder unzufrieden. Das zeigt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse. 

„Die Zahlen zeigen, dass die Mehrheit zwar sehr zufrieden ist, viele aber auch Handlungsbedarf sehen. Gleichzeitig sind die Menschen offen, in Sachen Gesundheit Neues auszuprobieren. Das sind gute Voraussetzungen für notwendige Veränderungen, denn in der Gesundheitspolitik gibt es viel zu tun – das hat die Pandemie noch einmal verdeutlicht“, erklärte Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. Baas weiter: „Priorität müssen Finanzierung und Digitalisierung haben. Unser Gesundheitssystem muss effizienter werden und braucht echte Strukturreformen, damit wir unsere gute Gesundheitsversorgung und die Innovationen in diesem Bereich auch künftig finanziell gestemmt bekommen. Bei der Digitalisierung brauchen wir Tempo und eine klare Fokussierung auf die Chancen für Patientinnen und Patienten.“

Notwendige Reformen

Reformen seien beispielsweise bei den Krankenhausstrukturen sowie in der Notfallversorgung nötig. Zudem gelte es ein neues Verfahren zu entwickeln, das faire Preise für innovative Arzneimittel sicherstelle. Mehr Effizienz bedeutet auch Doppeluntersuchungen zu vermeiden, Sektorengrenzen abzubauen und die digitalen Angebote besser in das System zu integrieren. 
Aus TK-Sicht sollte auch diskutiert werden, wie ein reduzierter Mehrwertsteuersatz in Kombination mit neuen Modellen zur Preisfindung bei Arzneimitteln die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler entlasten kann.

Digitalisierung: Die Menschen sind offen für Innovationen

Die Umfrage zeigt auch, dass viele Menschen offen für Neues sind. So befürwortet eine deutliche Mehrheit die Anfang Januar bundesweit gestartete elektronische Patientenakte (ePA): 83 Prozent halten sie für eine gute oder sehr gute Idee. Damit die Menschen voll von der ePA profitieren, ist es aus TK-Sicht zentral, dass möglichst viele Praxen und andere Einrichtungen schnell angeschlossen werden. Aber auch die Alltagstauglichkeit zählt. Baas: „Wenn für jedes Gesundheitsthema eine eigene App mit spezifischen Registrierungsverfahren nötig ist, stellen wir uns in Sachen Digitalisierung im Gesundheitswesen selbst ein Bein. Mit der ePA haben wir bereits eine gute Basis für sichere vernetzte Strukturen. Das muss die Politik bei anstehenden Entscheidungen zur Digitalisierung im Blick behalten.“

Faire Preise für Apps auf Rezept

Auch den in der GKV relativ neuen Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), „Apps auf Rezept“ genannt, stehen viele Menschen offen gegenüber: Zwar sind diese erst 16 Prozent bekannt – jedoch halten im Schnitt 41 Prozent der Befragten die eigene Nutzung für wahrscheinlich. Bei den 18- bis 39-Jährigen gilt das sogar für eine Mehrheit von 55 Prozent. Mit dem bundesweiten Start der ePA und den Apps auf Rezept seien wichtige erste Schritte in Sachen Digitalisierung gemacht. Hier müsse die Politik jetzt dranbleiben, so Baas, beispielsweise gehe es jetzt bei den Apps auf Rezept darum, realistische und faire Preise zu etablieren. 

Diskussion zum Umgang mit Daten notwendig

In Sachen Digitalisierung hat die Mehrheit der Befragten zudem nicht nur den individuellen Vorteil im Blick, sondern auch die Chance auf bessere Versorgung für alle: So sind drei Viertel (77 Prozent) der Befragten bereit, Gesundheits- und Fitnessdaten in anonymer Form für die medizinische Forschung bereitzustellen. 63 Prozent der Befragten würden diese Daten ihrer Krankenkasse zur Verfügung stellen, um neue Versorgungsangebote zu entwickeln. Nur 23 Prozent würden die Daten an Wirtschaftsunternehmen geben, um dafür persönliche Vorteile zu erhalten. 

„Die Diskussion, wie wir künftig anonymisierte Gesundheitsdaten im Sinne der Allgemeinheit nutzen können, werden wir in der kommenden Legislaturperiode führen müssen“, so Baas. Jüngst hatte auch der zuständige Sachverständigenrat in einem Gutachten festgestellt, dass es „fahrlässig und ethisch bedenklich“ sei, Chancen durch verantwortlich und klug genutzte Daten für die Gesundheit nicht zu nutzen. 

Für den TK-Meinungspuls 2021 wurden im Auftrag der TK durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa vom 4. bis 21. Januar 2021 insgesamt 2.001 Personen ab 18 Jahren in Privathaushalten in Deutschland im Rahmen einer bevölkerungsrepräsentativen, telefonischen Umfrage befragt.

Download Booklet TK Meinungsplus 2021