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Tabaksteuer-Reform: Jetzt ist schnelles Handeln angesagt!

Die finanziellen Belastungen durch die Corona-Krise lassen den Finanzminister offenbar intensiv nach neuen Einnahmequellen suchen. Das könnte sogar einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben, denn im Gegensatz zum bisherigen Vorhaben der Bundesregierung, auf einen Vorschlag der EU-Kommission zur Besteuerung von E-Zigaretten zu warten, könnte Deutschland noch in diesem Jahr mit einer Reform der Tabakprodukte-Besteuerung vorpreschen.

Die Tabaksteuer ist hierzulande seit sechs Jahren kaum verändert worden. Insbesondere neue Produkte wie E-Zigaretten und Verdampfungsprodukte werden in Deutschland mit einem erheblich geringeren Steuersatz belegt als klassische Tabak-Zigaretten. Die Lobbymaschinerie der Tabak-Industrie läuft auf Hochtouren gegen dieses Vorhaben. Insbesondere versucht man nicht nur zu suggerieren, dass E-Zigaretten und Verdampfer geeignet seien, sich das Tabakrauchen abzugewöhnen, sondern man drängt auch darauf, dass der Konsum von E-Zigaretten „gesünder“ sei, da man ja schließlich auf den Konsum der krebserregenden klassischen Verbrennungsprodukte verzichte. Hintergrund ist aber wohl vor allem, dass die Zigaretten-Industrie inzwischen sich längst auf den Marktausstieg bei Tabak-Zigaretten geeinigt hat, da man EU-weit mit Einschränkungen konfrontiert ist und die Perspektiven auch in Deutschland klar auf einen Rückgang des Tabakkonsums aus Gesundheitsgründen hindeutet. Deshalb will man nun mit aller Gewalt die aus Industrie-Sicht „weniger schädlichen“ E-Zigaretten sowie Verdampfer-Produkte auf den Markt bringen. Es geht schließlich um Milliarden.

Eine Entscheidung zur Neufassung der Tabaksteuer möchte man deshalb mit allen Mitteln verhindern. Der Chef des Deutschen Zigarettenverbandes, Jan Mücke, warnt auch deshalb schon mal vorsorglich: „Weitere Steuererhöhungen werden noch mehr preissensible Raucher in den Feinschnitt drängen und zu Schmuggel- und gefälschten Zigaretten greifen lassen“. Nach Erhebungen des Verbandes sei 2020 der Anteil der nicht in Deutschland versteuerten Zigaretten auf 17 Prozent gestiegen. Noch mehr seien eingeschmuggelt worden. Soll so etwa Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden, das Vorhaben der Tabaksteuer-Reform ad acta zu legen? Die Industrie lässt nichts unversucht, ein gesundheitspositives Image von E-Zigaretten und Verdampfern zu fördern. Ernsthafte Studien, die E-Zigaretten als gefährliche Einstiegsdrogen, vor allem auch unter Jugendlichen, sehen, um diese in die Rauchabhängigkeit zu führen, werden aus Gewinninteressen dabei natürlich ignoriert.

Gerade ist die Politik auf dem Weg, diese Studien ernst zu nehmen. Nicht zuletzt auch auf europäischen Druck, denn in vielen Nachbarländern hat man die Gefahren längst eingesehen und drängt auf gesamteuropäische Lösungen. Dennoch könnte ein jetzt zirkulierender Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium es möglicherweise nicht mehr bis zur Gesetzesreife schaffen, denn die Fristen bis Ende der Legislaturperiode im September sind knapp. Eine neue Bundesregierung dürfte den Gesetzesapparat zu diesem Thema erst in etlichen Monaten wieder anstoßen. In der letzten Koalitionsrunde der Bundesregierung hatte man sich allerdings bereits darauf verständigt, den Widerstand gegen eine Erhöhung der klassischen Tabaksteuer aufzugeben und auch eine neue Steuer auf E-Zigaretten auf den Weg zu bringen. Das Paket soll bis 2025 knapp 11,3 Milliarden an Steuern einspielen. Man kann nur hoffen, dass diese Zahl die Politiker animiert, die auch aufgrund der Corona-Ausgaben leeren Haushaltskassen aufzufüllen, wenn schon nicht die wichtige Aufgabe der Gesundheitsprävention als vollkommen ausreichender Grund empfunden wird. Wie auch immer: Jetzt ist schnelles Handeln angesagt!

Thomas Grünert, Chefredakteur